„Da ist eine Fliege in meinem Drink!“ – In einer Kaffeebar an der Via Veneto in Rom

Kaffee kochen beziehungsweise Espresso brühen. Quelle: Pixabay, Foto: Free-Photos

Turin, Italien (Gastrosofie). Daß die Espressomaschine, die in jeder guten Kaffeebar steht, in Turin erfunden und diese 1884 von Angelo Moriondo patentiert wurde, das wissen Gastrosophen. Der Fordismus und also die industrielle Warenproduktion am laufenden Band war, wie Antonio Gramsci formulierte, zwar eine, die Henry Ford durchsetzte, also standardisierte Massenproduktion im Takt des Zeigers mithilfe monofunktionale Maschinen mit Taylorismus und Sozialpartnerschaft, doch die Anfänge war vielf rüher zu beobachten, denn die erste Espressomaschine gab den Baristi die Möglichkeit, viele Tassen hintereinander zu füllen.

Leute im „Land, wo die Zitronen blühn, im dunklen Laub die Gold-Organgen glühn“ wie Luigi Bezzera, Desiderio Pavoni, Pier Teresio Arduino und Achille Gaggia trugen zur Verbreitung des Espressos bei. Der Siegeszug der „italienischen“ Kaffeemaschinen und damit des italienischen Espresso nahm seinen Lauf. Doch nur diejenigen, die das oben beschriebene Land, wo „ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht, die Myrte still und hoch der Lorbeer steht“, kennen auch die viele anderen Arten, Espresso zu genießen, die vom Norden bis zum Süden der Apenninenhalbinsel verbreitet und verschieden sind.

An der Kaffeebar wird grob Caffè Corto, Ristretto und Lungo unterschieden. Selbst ein schlichter Espresso ohne Dum und dran kann auf verschiedene Weise serviert werden. Von einem Ristretto spricht man zum Beispiel, wenn weniger als 30 ml Flüssigkeit in der Tasse sind: ein „reduzierter“ Espresso mit einem sehr intensiven und kräftigen Geschmack, der in kürzerer Zeit als erwartet extrahiert wird (die Norm verlangt zwischen 20 und 30 Sekunden). Im Gegensatz dazu ist ein Espresso Lungo nicht sehr dicht und wird mit einer langsameren Extraktion gewonnen, die normalerweise 35 Sekunden überschreitet. Und was ist mit dem Corto? In Wirklichkeit gibt es kein Getränk mit diesem Namen: Was Italiener „corto“ nennen, das ist ein normaler Espresso, der goldrichtig extrahiert wird.

Hinzu gesellt sich an der Kaffeebar der Caffè Corretto. Das ist ein koffeinhaltiges geistiges Getränk, daß aus einem Schuß Espresso und einem guten Schluck Grappa besteht, um den Kaffee zu verfeiner. Jedenfalls wird in der Regel Grappa genommen, ausnahmesweise auch ein Brandy und ab und an auch Sambuca, womit wir beim Caffè Mosca wären.

Beim Sambuca mit Mosca fehlt der Espresso, aber nicht die „Fliege“. Anders formuliert: In einem Glas Sambuca schwimmt die eine oder andere Kaffeebohnen. Und das kam so: Federico Fellini, Marcello Mastroianni, Anita Ekberg und Walter Chiari verbrachten wären der Dreharbeiten zu La dolce vita“ ihre Pausen in einer Kaffeebar an der Via Veneto in Rom. Dort soll einer von ihnen eines Tages eine Kaffeebohne in ein Glas Sambuca fallen lassen und gerufen haben: „Da ist eine Fliege in meinem Drink!“ Die anderen taten das dem Erfinder des ersten Caffè Mosca nach und wenig später die ganze Stadt. Darauf einen Caffè Corto respektive einen Espresso. Nicht nur Ford und Goethe hätten ihre Freude daran.

Anmerkung:

Lesen Sie auch die Beiträge

im Magazin GASTROSOFIE.

Anzeige:

Gastrosophische Reisen auf der Apenninenhalbinsel bietet Retroreisen an. Bei Retroreisen wird kein Etikettenschwindel betrieben, sondern die Begriffe Sustainability, Fair Travel und Slow Food werden großgeschrieben.

Vorheriger ArtikelWandern und trinken – Der Bierpfad Oberaargau
Nächster ArtikelVon Tulum nach Tel Aviv – „Amigo Cohen“ in Berlin bietet israelisch-mexikanische Fusionsküche