Rezept: Sarde in saor

Sarde in saor und also gebratene Sardinen süßsauer im Buch "Bàcari e Cicchetti" von Emiko Davies. © Foto: Emiko Davies, BU: Stefan Pribnow

Berlin, Deutschland (Gastrosofie). Mein absolutes Lieblingsrezept für cicchetti gehört zu den Klassikern, die in jedem bàcaro angeboten werden. Neben bovoletti und gebratener Ente zählt es zu den Gerichten, die die Venezianer traditionell servieren, wenn sie am dritten Sonntag im Juli auf ihren Booten die Festa del Redentore feiern, die an das Ende der Pest von 1576 erinnert.

Gebratenes in Essig einzulegen, war in Venedig eine beliebte Methode, um Lebensmittel für lange Reisen haltbar zu machen, und kann mit portugiesischer escabeche und japanischen nanbanzuke verglichen werden (der venezianische Gastronom und Schauspieler Giuseppe Maffioli bezeichnete diese Speisen als cibo dei marinai, Seemannskost). Am liebsten werden in Venedig Sardinen in saor zubereitet, aber auch Seezunge, Garnelen, Süßwasserfische wie Karpfen und Forelle, Hähnchenfleisch oder Gemüse wie Radicchio. Da sich Eingelegtes im Voraus zubereiten lässt, kamen sauer eingelegte Gerichte in jüdischen Familien gern am Sabbat auf den Tisch, wie Ines de Benedetti in ihrem italienisch-jüdischen Kochbuch Poesia Nascosta: Le ricette della cucina tradizionale ebraica italiana (2013) berichtet. So waren im jüdischen Viertel Venedigs gebratene Aubergine oder Kürbis in saor, garniert mit frischer Minze, beliebte Gerichte.

Die Zubereitung von sarde in saor (gebrtenen Sardinen süßsauer) wird schon im 14. Jahrhundert in einem der ersten bekannten Kochbücher Italiens, dem Libro per Cuoco, erwähnt. Im Rezept ist von in Scheiben geschnittenen weißen Zwiebeln die Rede, die in Öl und Essig gegart und auf gebratenen Sardinen in einer Terrakottafor verteilt werden. Die Zubereitung hat sich seither nicht grundlegend verändert, doch gibt es mittlerweile viele Varianten. Meine Freundin Valeria Necchio liefert in ihrem Kochbuch Veneto eine schnörkellose Zubereitung für sarde in saor und gibt etwas Zucker in den Essig. Eine andere Freundin verwendet Zitronenscheiben statt Essig und lässt Rosinen und Pinienkerne weg. Im bekannten bàcaro Al Mascaron wird das Gericht mit Lorbeerblättern, Koriandersamen und weißem, rosa und schwarzem Pfeffer zubereitet. Es gibt auch eine Variante mit Kalbsleber und einem Hauch Ingwer. Im klassischen venezianischen Kochbuch A Tola Co I Nostri Veci von Mariù Salvatori de Zuliani finden sich gleich zwei Rezepte für sarde in saor: eines mit einer Marinade aus Zwiebeln, Essig und Zucker, das andere mit Rosinen. Im Winter, merkt die Autorin an, fügt man Pinienkerne und Zimt zu. Und für alle, die den süßen Teil von »süßsauer« lieben, bereitet man sarde in saor mit kandierten Zitronen zu.

Sarde in saor

Für 4 Personen als kleine Mahlzeit oder 12 cicchetti.

Zutaten

  • 12 frische Sardinen, küchenfertig, ohne Kopf und Wirbelsäule, aufgeklappt
  • 1½ EL Weizenmehl
  • Pflanzenöl, zum Braten
  • 40 g Rosinen
  • 60 ml Weißwein oder Wasser
  • 1 große Zwiebel, abgezogen und in feine Streifen geschnitten
  • 2 EL natives Olivenöl extra
  • 125 ml Weißweinessig
  • 1 Prise gemahlene Gewürznelken (nach Belieben)
  • 1 TL Koriandersamen, zerdrückt (nach Belieben)
  • 1 Prise Zucker (nach Belieben)
  • 1½ EL Pinienkerne
  • frische oder geröstete Scheiben
  • Baguette oder geröstete
  • Polentaschnitten, zum Servieren

Zubereitung

Die Sardinen mit dem Mehl bestäuben. Reichlich Öl in einer Pfanne erhitzen und die Sardinen darin 1 Minute von jeder Seite bei mittlerer bis hoher Temperatur goldbraun und knusprig braten. Salzen und auf Küchenpapier abtropfen lassen. Die Rosinen mit dem Weißwein oder Wasser in eine Schale geben und etwa 15 Minuten quellen lassen.

Inzwischen das Olivenöl in einer Pfanne erhitzen und die Zwiebel darin etwa 10 Minuten bei geringer Temperatur weich und glasig anschwitzen. Die Rosinen in ein Sieb abgießen (Weißwein oder Einweichwasser auffangen) und beiseitestellen. Weißwein oder Einweichwasser mit dem Essig, etwas frisch gemahlenem Pfeffer und den anderen Gewürzen (falls verwendet) zufügen. Etwa 10 Minuten köcheln lassen, dann die Pfanne vom Herd nehmen. Falls die Mischung zu sauer ist, mit etwas Zucker abschmecken.

Eine Lage Sardinen in eine kleine Terrine oder Schüssel geben und mit etwas Zwiebel, Rosinen und Pinienkernen bedecken. Die Zutaten weiter in dieser Reihenfolge daraufschichten, bis sie aufgebraucht sind. Mit dem restlichen Sud aus der Pfanne übergießen. Abgedeckt mindestens 24 Stunden im Kühlschrank marinieren. Die eingelegten Sardinen halten sich im Kühlschrank mindestens eine Woche.

Sarde in saor sollten einige Zeit vor dem Servieren aus dem Kühlschrank genommen werden (sie schmecken am besten bei Raumteperatur).

Anrichten

Auf Baguettescheiben oder Polentaschnitten anrichten.

Anmerkung:

Vorstehendes Rezept steht im Buch “Bàcari e Cicchetti” von Emiko Davies aus dem Christian-Verlag. Siehe auch den Beitrag Wenn das Wasser nicht nur in der Lagune von Venedig zusammenläuft – Zum Buch “Bàcari e Cicchetti” von Emiko Davies von Ole Bolle im Magazin GASTROSOFIE.

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