Berlin, Deutschland (Gastrosofie). Wir stellten Torsten Spörl per E-Brief ein paar Fragen. Am 26.5.2023 erreichten uns die Antworten, die wir gerne im Magazin GASTROSOFIE veröffentlichen.
Warum haben Sie diesen Beruf gewählt?
Torsten Spörl: Zuerst einmal ist Bier sehr schmackhaft. Und Bier ist eines der natürlichsten und traditionsreichsten Genussmittel, die man kennt und herstellen kann. Bier ist nahezu auf der gesamten Welt zu Hause. Es verbindet Menschen und ist etwas, worüber es immer eine Geschichte zu erzählen gibt. Zugleich hat das Bierbrauen im Allgemeinem und für die breite Mehrheit noch immer etwas „Mystisches“ und es macht sehr viel Spaß gerade darüber mit Menschen zu plaudern und Biere zu verkosten. Des weiteren hat Bier leider in der Vergangenheit ein paar Dellen im Ruf abbekommen. Zu Unrecht, wie ich finde, und somit ist es mir auch ein Bedürfnis hier für Aufklärung zu sorgen. Ähnlich eines Galeristen ist es meine Mission, das Werk der Braumeister im allerbesten Licht zu präsentieren.
Seit wann sind Sie Biersommelier?
Torsten Spörl: Seit 2014. Gegenwärtig bin ich auch noch Kandidat beim „Institute Master of Beer“. Hier gibt es gegenwärtig lediglich 16 Members weltweit.
Wie sieht die Arbeit eines Biersommeliers konkret aus?
Die Arbeit eines Biersommeliers kann sehr vielfältig sein. Am weitesten verbreitet ist die Planung und Durchführung von Biertastings, Foodpairing und Bierevents. Neben Weinsommeliers leisten sich heute auch einige Restaurants einen Biersommelier. Gleichwohl, und so ist es bei mir, kann die Arbeit auch noch sehr viel umfassender werden. Neben den o.a. Tätigkeiten berate ich Gastronomen bei der richtigen Bierauswahl, analysiere deren derzeitiges Biersortiment, erstelle Bierkarten und trainiere die Mitarbeiter in Hinblick auf Bierstile, Bierhygiene und Zapfen, sowie Foodpairing und Biervermarktung. Und da Bier auch beim Getränkefachhandel und bei Brauereien Umsatzträger Nummer eins ist, biete ich für deren Außendienste noch eine Vielzahl von Seminaren an. Auch Brauereiführungen werden gerne von Biersommeliers veranstaltet. Zum Schluss sei auch noch erwähnt, dass einige Biersommeliers auch in der Jury von Bierwettbewerben tätig sind. In meinem Fall ist das der World Beer Award und die Finest Beer Selection.
Auf was muss ein Biersommelier beim Verkosten achten?
Torsten Spörl: Natürlich ist jede Verkostung dazu gedacht, mit allen Sinnen zu genießen. Hier heisst es die Teilnehmer kurz anzuleiten, damit zumindest Sehen, Riechen und Schmecken angewandt werden. Jeder Sommelier hat hier sicherlich seinen eigenen Stil. Persönlich achte ich darauf, dass die Gruppen nicht zu groß werden (max. 20 Personen) und darauf nicht mehr als 4-6 Biere zu verkosten. Wichtig ist mir auch ein maßvoller Genuss, was die Verkostungsgröße schon einmal auf 10 dl limitiert und kein Trinkzwang besteht.
Ist der Beruf geschützt?
Torsten Spörl: Um sich Biersommelier zu nennen, muss man einen Abschluss bei verschiedenen Akademien bekommen (Kiesbye Bierakademie, Doemens, IHK)
Wie ist die Ausbildung zum Biersommelier?
Torsten Spörl: Wie auch bei vielen anderen Berufen muss sich der Biersommelier seinen Erfahrungs- und Wissensschatz tagtäglich erarbeiten und erweitern. Die Ausbildung umfasst eine intensive, mehrwöchige Ausbildung. Hier erhalten die Biersommeliers ein recht umfassendes Grundwissen in allen Bereichen rund um das Thema Bier. Die Ausbildung ist dann sozusagen das Fundament, aus dem man aufbauen kann. Es wäre nicht falsch zu sagen ein „Startschuss“, denn nun entscheidet der Biersommelier selber, welche Fähigkeiten er vertiefen möchte. Jeder, der heute einen Biersommelier engagiert, sollte sich daher immer über dessen Erfahrungsschatz und Einsatzfelder informieren lassen. Beim Institute Master of Beer sieht es dann schon anders aus. Meine Ausbildung hier läuft schon seit 2018 und dauert in der Regel einige Jahre. Pandemiebedingt verzögerte sich mein Abschluss bis in das Jahr 2024 hin.
Sind Sie Mitglied im Verband der Biersommeliers und was bedeutet beziehungsweise bietet Ihnen eine Mitgliedschaft?
Torsten Spörl: Ja. Der Verband der Biersommeliers ist eines gute Plattform zum Netzwerken. Gleichzeitig wird hier vieles an Bierwissen bereit gestellt, welches man sich ansonsten mühevoll zusammenstellen muss. Und der Verband gibt jedem Biersommelier auch die Möglichkeit seine Dienstleistungen anzubieten.
Was ist Ihr Lieblings-Bier?
Torsten Spörl: Ich bin in der glücklichen Lage, mir für jede Lebenssituation das perfekte Bier auszusuchen. Jedoch kann ich verraten: Ich bin kein Fan von Rauchbier, wobei auch das für mich, mit dem richtigem Essen, ein Genuss sein kann!
Welche Trends zeichnen sich gerade ab?
Torsten Spörl: Glaubt man den Medien, so ist es das Helle. Ich selber sehe jedoch eher einen großen Trend hin zur Biervielfalt. Ungebrochen hingegen ist der Vormarsch alkoholfreier Biere. Speziell bei diesen Bierstilen hat sich auch in Sachen Brauverfahren sehr viel Gutes getan. Wird also spannend bleiben.
Ist Craft-Bier immer noch so angesagt?
Torsten Spörl: Hierzu muß ich betonen, dass es in Deutschland keine wirkliche Definition für Craft Beer gibt. Meine Definition müsste lauten: Ein Craft-Brauer ist für mich eine Brauerei die gutes Bier macht, ehrlich über die Inhaltsstoffe ist und Qualität an erster Stelle setzt. Gleich danach steht für mich Nachhaltigkeit und Regionalität. Keiner braucht oder muss eigentlich Craft Bier definieren. Für mich ist es schlicht und einfach. Das sollte jedoch auf alle Biere zutreffen. Kein Wunder also, dass ich mit dem Begriff Craft Beer nicht viel anfangen kann. Am Ende des Tages ist und bleibt es Bier. Zugegeben, einige mit anderem Umgang und Dosierung der Rohstoffe gebraut, jedoch immer noch Bier. Und Teil der Biervielfalt, die, wie erwähnt zunimmt.
Was halten Sie von Alt / Kölsch Bier / Bock / Craft-Bier
Torsten Spörl: Allesamt sind Bier. Also zur richtigen Zeit, zur richtigen Gelegenheit und in richtiger Runde sind alle sehr gut.
Ist das Reinheits-Gebot noch zeitgemäß?
Torsten Spörl: Grundsätzlich kann ein Braumeister innerhalb des Reinheitsgebotes eine schier unerschöpfliche Anzahl an Bieren brauen. Und es ist sicherlich nicht falsch, sich an eines der ältesten Lebensmittelgebote zu halten. Auf der anderen Seite können deutsche Brauer dadurch einige Bierstile nicht brauen, die jedoch nach Deutschland importiert werden. Hierbei denke ich vorrangig an Biere, die zusätzlichen mit anderen natürlichen Rohstoffen, wie Gewürze, Früchte, Hafer oder Honig gebraut werden. In einer globalisierten Welt dürfen wir hier nicht den Anschluss verlieren. Das hat man jedoch bereits erkannt und Brauereien können zumindest eine Sondererlaubnis beantragen.
Nimmt der Bier-Konsum in Deutschland ab oder zu?
Torsten Spörl: Nun ja, die Zahlen sprechen ja eine deutliche Sprache. Er nimmt aus vielerlei Gründen ab.
Wer trinkt Bier?
Torsten Spörl: Als Biersommelier kann ich sagen: Jeder. Menschen, die daran zweifeln, hat man nämlich nur noch nicht das passende Bier serviert. Bisher habe ich, aus den gut 200 Bierstilen, noch immer etwas geeignetes gefunden.
Wie sehen Sie die Lage am Bier-Markt? Brauerei-Sterben? Konzentration?
Torsten Spörl: Gegenüber 2019 haben wir leider 2022 ca. 50 Brauereien verloren. Mit rund 1.500 Braustätten lag die Zahl jedoch noch immer auf dem Niveau von 2017. Ungeachtet dessen stehen alle Brauereien vor großen Herausforderungen. Sinkender Bierkonsum, höhere Rohstoff- und Energiepreise und lückenhafte Logistik werden zu meistern sein. Und ja, da werden einige ihr Heil in der Konzentration suchen.
Haben Sie an der Weltmeisterschaft der Biersommeliers 2022 teilgenommen? Werden Sie 2023 mitmachen?
Torsten Spörl: Nein. Ich kenne einige, die teilnehmen und ungemein hart dafür trainieren. Dafür fehlt mir im Moment die Zeit.
Anmerkung:
Siehe auch die Reportage
- Ozapft in Berlin-Mitte – Bier und bayerische Spezialitäten im Maximilians von Fritz Hermann Köser
im Magazin GASTROSOFIE.