Berlin, Deutschland (Gastrosofie). In einem unscheinbarer Berliner Altbau in der Köpenicker Straße 14, vor dem ein Baum auf sein Frühlingserwachen wartet, verbirgt sich hinter zwei Fensterfronten, die fast vom Boden bis zur hohen Decke reichen, und einer alten Eingangstür ein großartiger Gastraum im Erdgeschoss. Dessen Wände wirken mit ihrem Weiß kühl, aber sie sind nicht kahl. Denn an ihnen hängt coole und durchaus heiße Kunst.
Gewagt und gekonnt darf auch die Beleuchtung genannt werden, die an einer hölzernen und reich verzierten Decke baumelt, mit Verlaub: wie an einem Galgen über den Gehirnen der Gäste. Wahnsinn. Das mag surreal wirken, ist aber die Wahrheit.
Die Kristallleuchten sind Blickfang wie die Bilder für die Besseresser, die auf bequemen Bänken und restaurierte Stühle von Werner Düttmann sitzen und beispielsweise ein Werk von Rose Wylie betrachten – oder eines von Francesco Contiero. Contiero ist der Künstler in der Küche, der Chefkoch des Restaurants Richard und darf sich rühmen, auch beim italienischen Starkoch Gualtiero Marchesi in der internationalen Kochschule ALMA in Parma gelernt zu haben.
Die guten Speisen werden von der einen oder anderen beflissentlichen Bedienung gebracht. Sie Kellner sind nicht nur gut gekleidet, sie sind vor allem zuvorkommend und zurückhaltend zugleich. Mittenmang dabei ist der Herr der Hauses, Hans Richard, der seine Gäste begrüßt, sich kümmert und verabschiedet und zwar so charmant, wie es ein Schweizer schafft. Er ist erfolgreicher Inhaber und guter Gastgeber, erfahrener Künstler und Kellner. Von und bei den Eltern von Kindesbeinen an gelernt ist halt von der Pike an und verinnerlicht bis aufs Blut beziehungsweise die Stangenwaffe.
Doch kommen wir zur Basis und zum Besten eines Restaurants: zur Küche, die Hans Richard als modern-klassisch beschreibt: „Wir sind bestrebt, pur und gleichzeitig reichhaltig zu kochen.“ Richard und Contiero gestalten gemeinsam die Karte, entwickelt also, was auf die Teller und Tische kommt. Richard nennt sich „kochender Patron“. Er „möchte den Kontakt zum Gast pflegen und gleichzeitig kochen. Mit Francesco passt das hervorragend. Wir lassen uns gegenseitig Spielraum und haben eine sehr ähnliche Auffassung von guter Küche.“
Das klingt so gut wie das aktuelle Menue
- SCHOTTISCHE JAKOBSMUSCHEL (Marinierte Schwarzwurzel & Mönchsbart)
- GELACKTER SELLERIE AUS DEM OFEN (Süssholz-Gemüse-Jus, Beurre Noisette)
- PULPO MIT DEHYDRIERTER KAROTTE, SAUBOHNE UND BÄRLAUCH
- SEETEUFEL (Rhabarber & junger Knoblauch und Mangold)
- MIERAL-PERLHUHN IN 2 GÄNGEN
- RAVIOLI (mit Foie Gras & Artischocke, Thymian Bouillon)
- BRUST MIT ANIS UND PINIENKERNEN (mit Morcheln und Blattspinat)
- KÄSEAUSWAHL
- TARTE VOM EINGELEGTEN APFEL (mit Earl Grey-Crumble & Zimt-Eis
Vier Gänge gibt es für 68 Euro, fünf für 84 Euro, sechs für 96 Euro, sieben für 106 Euro und acht für 118 Euro. Mit anderen Worten: Mahlzeiten und Moneten stimmen wie auch die begleitenden Weine.
Das alles und noch mehr ergibt einen runden Abend mit Hans Richard und Francesco Contiero im Berliner Restaurant Richard, das auch in diesem Jahr wieder einen Stern bekommen hat. Gratulation! Und vor dem in Kürze der Baum blüht.
Restaurant Richard
Köpenicker Straße 174, 10997 Berlin-Kreuzberg
Kontakt: Telefon: 0049 (0)30 49207242, Email: rsvp@restaurant-richard.de
Web: www.restaurant-richard.de