Berlin, Deutschland (Gastrosofie). Dieser Fisch ist nur etwas für geschickte Finger. Kunstgerecht filetiert der Mitarbeiter die Forelle. Und verteilt die Portionen auf die Vorspeisenteller. Den anwesenden Damen, es sitzen genau zwei am Tisch, bietet er noch die Bäckchen an, gelten sie doch als ganz besondere Delikatesse. Doch dabei bleibt es nicht. Mit oder ohne Haut, lautet, diesmal an alle Gäste am Tisch, die nächste Frage. Zum Schluss folgt eine Warnung. Achtung, Gräten! Mehr Gastlichkeit geht nicht…

Leicht und bekömmlich: Lachsforelle von Hof Reese mit Gurkentartar und Dillgel. © Foto/BU: Foto Fritz Hermann Köser, Aufnahme: Berlin, 17.4.2023

Zu Recht. Einige Gräten sind noch vorhanden. Hätte nicht passieren dürfen, meint ein Anwesender. Ansonsten habe der Mitarbeiter einen sehr guten Job gemacht, so der Herr aus Düsseldorf weiter. Er muss es wissen, er sei Mitglied der Jury, wie er versichert. Schließlich findet an diesem Abend im Berliner Palace-Hotel ein ganz besonderer Wettbewerb statt. Der „Preis für große Gastlichkeit“, der zum 11. Mal dort vergangenen Montag verliehen wurde. Und zwar von „L´Art de Vivre“, einer Vereinigung ausgewählter exklusiver Hotels mit erstklassiger Küchenleistung und Service, in Deutschland, Österreich und Italien.

Möglichst ohne Gräten: Das Filetieren der Forelle. © Foto/BU: Foto Fritz Hermann Köser, Aufnahme: Berlin, 17.4.2023

Zwölf qualifizierte Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus Deutschland und Österreich nahmen insgesamt teil. Alle zwischen 18 und 35 Jahre alt, mit abgeschlossener Ausbildung und mindestens einem Jahr Berufserfahrung. Siegerin wurde Vanessa Lieser aus dem Hotel Hohenhaus im hessischen Herleshausen. Zweite wurde Jeannine Hahlbohm aus dem Althoff Seehotel Überfahrt in Rottach-Egern. Den dritten Platz belegte Dennis Liskowskis aus dem Opus V, Engelhorn Gastronomie in Mannheim. Als Preise gab es unter anderem Geldprämien, eine Einladung zu einem renommierten Champagnerhaus nach Reims und eine neue exklusive Trophäe von einem bekannten Glashersteller.

Fachgerechtes Tranchieren wirkt sich die Zartheit des Fleisches aus. © Foto/BU: Foto Fritz Hermann Köser, Aufnahme: Berlin, 17.4.2023

Filetieren. Tranchieren. Flambieren. Und servieren. Vor den Augen der Fachjury. Das Drei-Gänge-Dinner für rund 40 geladene Gästen war der letzte Teil des Wettbewerbs. Und der Höhepunkt. Ein Filetstück wird fachgerecht portioniert, für den Hauptgang. Danach Früchte in Likör geschwenkt, bald lodern in der Pfanne die Flammen. Zu Variationen von Schokolade bilden die beschwipsten Beeren und Zitrusfrüchte einen krönenden Abschluss.

Rinderfilet mit Ofentomate, Paprika-Polenta und gegrillter Paprika. © Foto/BU: Foto Fritz Hermann Köser, Aufnahme: Berlin, 17.4.2023

Vorab galt es, an diesem Tag verschiedene Prüfungen zu bewältigen. Mündlich, schriftlich und praktisch. Unter anderem mussten die Teilnehmer neun Käsesorten verkosten. Welche Milch? Welcher Geschmack? Auch zu den Themen Tee und Wasser waren Tests zu bewältigen.

Bloß keine Stichflamme: ein kleines Schnapsglas mit der entsprechenden Spirituose reicht für das Flambieren aus. © Foto/BU: Foto Fritz Hermann Köser, Aufnahme: Berlin, 17.4.2023

Der Service ist nun einmal das verbindende Element, die Schnittstelle aller Leistungen eines Teams in einem Restaurant. Mögen die Köche am Herd noch so gut sein, irgendwer muss das Ganze auch noch zum Gast bringen. Die Soße auf dem Teller verteilen, nicht zu viel, nicht zu wenig. Und an der richtigen Stelle. Das Fleisch unter Umständen fachmännisch zerteilen. Die möglichen Fragen der Lokal-Besucher so professionell wie möglich beantworten. Und beim Flambieren den Alkohol sparsam dosieren. Sonst droht eine Stichflamme.

Weiße und dunkle Schokoladen-Variationen mit flambierten Früchten. © Foto/BU: Foto Fritz Hermann Köser, Aufnahme: Berlin, 17.4.2023

Viele Betriebe haben Schwierigkeiten, engagierte Service-Mitarbeiter zu finden. Das liegt unter anderem am schlechten Image. Mäßige Bezahlung, ungünstige Arbeitszeiten, so die gängigen Vorurteile. Zudem findet der Beruf bisher nur wenig Beachtung in der Öffentlichkeit. Aus diesem Grund hatte die Vereinigung „L’Art de Vivre“ im Jahr 2010 beschlossen, den Wettbewerb zusammen mit einer fachkundigen und ehrenamtlich tätigen Jury jährlich auszurichten. Als eine Art „Service Oscar“.

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