Die Indianer-Küche Nordamerikas – Serie: Kulinarisch-kulturelle Streifzüge durch den Westen der USA (Teil 1/2)

Ein Zelt eines Indianers in Amerika. Quelle: Pixabay: Foto: Luciana Ferraz Otsuki Lu

Berlin, Deutschland (Gastrosofie). Was hört man nicht alles fast täglich aus den Vereinigten Staaten von Amerika: Gesundheitsreform, Krieg in Afghanistan, Reduktion der Treibhausgase usw. Dabei geraten die positiven Besonderheiten dieses Staatenbundes zu leicht in den Hintergrund. Er ist nicht nur reich an sagenhaften Landschaften. Einwanderer und Ureinwohner haben bleibende kulinarische Spuren hinterlassen.

Der Schein trügt. Auch, wenn sich in jedem Ort des Landes eine Fast-Food-Bude befindet, trifft man auch in den vereinigten Staaten der USA mehr und mehr auf außergewöhnliche Esskultur. Geprägt durch endlose Fernsehserien, die einem die eigene Ohnmacht am Herd verdeutlichen, scheint gepflegtes Essen und das damit verbundene kreative Kochen, einen neuen Stellenwert im Leben der Amerikaner einzunehmen. Galt früher der Grundsatz: Je dunkler das Restaurant, desto vornehmer, sprießen heute überall Esslokale aus dem Boden, wo man die abwechslungsreiche Küche auch  im Freien genießen kann. Es sei denn, man befindet sich im Hotspot der USA, in Texas, wo das Leben nur mit Klimaanlage zu ertragen ist.

Geprägt durch die unterschiedlichen Einwanderungsgruppen, durch historische Zugehörigkeit des Südens zu Mexiko, aber auch wegen des neu erwachten Interesses an der indianischen Lebensweise, ist die Auswahl der Speisen entsprechend vielfältig. Drei Autoren haben sich auf den Weg gemacht, dieses andere Amerika zu erkunden. Herausgekommen sind dabei drei lesenswerte Kochbücher, in denen man mehr als nur Kochen lernt.

Küchenschätze der Indios und Indianer, dargestellt mit Rezepten in einem Bildband

Schon seit über 10.000 Jahren siedelten Indianer im Süden der heutigen USA. Was mit Zelten und wandernden Nomaden begann, endete in einer Hochkultur mit Lehmbauten, genannt Pueblos, wohl behütet in natürlichen Steinbögen, wo die Menschen im Sommer vor starker Hitze und winters vor kalten Winden geschützt lebten. Zugänglich war die im Felsen eingebettete Siedlung durch Leitern oder in Stein gehauene Stufen. Diese schier endlose Reihe galt es mit dem richtigen Fuß zu beginnen, ansonsten erreichte man sein Ziel nicht. Oben, auf der ebenen Fläche des Tafelberges betrieb man Ackerbau. Die Pueblo-Indianer züchteten aus der Mais-Wildform zahlreiche Kreuzungen, u. a. den Zuckermais. Ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem ermöglichte ihnen den Anbau von Bohnen und Kürbissen. Im Wald sammelten sie Beeren, Früchte und Samen. Mit erlegtem Wild bereicherten sie ihren Speiseplan. Nach 1300 verschwanden die Indianerstämme. Noch immer kann man sich nicht erklären, was damals vorfiel. Eine Theorie führt das Verschwinden auf eine jahrelange Trockenheit zurück, die den Menschen damals die Lebensunterlage entzog.

Heute leben einige der modernen Indianer wieder in der traditionsreichen aus Stämmen und Lehm gebauten Rundhütte, dem Hogan. Sie versuchen ihre alte Kultur weiter zu pflegen. Bekannt sind ihre wunderbaren, irrsinnig teueren Teppichwebereien, ihre mit türkis verzierten Silberarbeiten und ihre Küche. Vielen Stämmen ist der Übergang in die heutige Zivilisation gelungen. Sie unterhalten Schulen und Universitäten. Traditionelle Heiler arbeiten  gemeinsam mit Schuldoktoren in den Krankenhäusern. Für viele jedoch  endete der Sprung in die so genannte Moderne in Armut und Alkoholismus. Die gebrochenen Verträge von vor hundert Jahren, werden heute oftmals auf subtilere Art und Weise bei diesem Teil der amerikanischen Bevölkerung fortgesetzt.

Die Versorgung mit Lebensmittel bestimmte den Lebensstil der Indianer. Lebten sie in der endlosen kargen Prärie, galt es mit dem gesamten Hausrat der Wanderung der Büffel zu folgen. Sie versorgten die Menschen nicht nur mit Fleisch, sondern auch mit warmem Fell, Sehnen und Knochen für Haushaltsgeräte. Selbst als Büffel verkleidete junge mutige Männer lenkten mit Geschrei und brennenden Fackeln die Herde in Richtung eines Steilhanges, den die orientierungslos gewordenen Tiere kopfüber hinabstürzten und sich das Genick brachen. Danach übernahmen die Frauen das Ausweiden und Verarbeiten der Kadaver.

Die an der Küste ansässigen Indianer dagegen hatten das ganze Jahr die Möglichkeit sich mit Fisch zu versorgen. Zumal auch der Winter dort nicht so streng sich auswirkte, wie im Landesinneren. Stabile Langhäuser entstanden, in denen ein oder mehrere Familienklans untergebracht waren. Meist zierte ein monumentaler Totempfahl das Gebäude, der mit seinen Zeichen wie Adler, Wal u. a. eine Art Stammbaum der Familie darstellte.

Den schwierigen Herausforderungen des Alltags standen ausschweifende Feste gegenüber. Da wurden die verschiedenartigsten Speisen aufgetischt. Mit den benachbarten Stämmen feierte man ein „potlatch“ bei dem man alles zusammen suchte, was an Essbarem zur Verfügung stand. Außerdem tauschte man auch Geschenke aus, um Freundschaft und Ansehen zu festigen.

Gerade im Süden der USA findet man viele indianisch geprägte Gerichte in den Restaurants. Ilona Steckhan, Expertin für alte indianische Kulturen bereiste Peru, Mexiko, den Süden Nordamerikas und Minnesota auf den Spuren früherer Hochkulturen, auf der Suche nach alten Küchentraditionen und Rezepten aus der Naturküche, die von Carsten Eichner appetitanregend ins Bild gesetzt wurden. Der Leser erfährt, wie man nach kalten Märznächten den Zuckerahorn „anzapft“. Vom austretenden Saft wird durch Einkochen der dick flüssige Sirup hergestellt. Man fährt in Minnesota, im Land der 10.000 Seen, mit den Ojibwa-Indianern per Kanu zur Ernte des wilden Reises, der gar kein Reis sondern ein Grassamen ist. Auch die einst wild wachsenden Moosbeeren (cranberries) werden inzwischen auf großen Flächen angebaut. Schließlich will niemand an Thanksgiving zu seinem Truthahn auf die beliebte Beilage verzichten.

Neben den Rezepten erfährt man Wissenswertes über die verwendeten Produkte und geschichtliche Hintergründe über die damalige Lebensweise.

Buchtipp: Ilona Steckhan, Küchenschätze der Indios und Indianer, Food-Fotos von Carsten Eichner, 168 Seiten, 125 Farbfotos, 125 Rezepte, Format: ca. 23 x 26 cm, Hardcover mit Schutzumschlag, Verlag: Hädecke, ISNB 978-3-7750-0337-7, Preis: 12,95 EUR

Hommage an eine vielschichtige Kultur

Indianer faszinieren die meisten von uns seit Kindheitstagen. Ihr Leben im Einklang mit der Natur, ihr Stolz, ihre tragische Geschichte. Was viele jedoch nicht wissen: Es gibt mittlerweile wieder eine großartige lebendige indianische Kultur in Nordamerika. Der Bildband „Die Indianer Nordamerikas“ stellt diese in allen Facetten vor. Er bietet auf ungewöhnliche Weise Einblicke in das Leben der amerikanischen Ureinwohner und zeigt ihre inspirierende Kunst, zu der farbenfrohe Bilder genauso gehören wie wunderschöner Schmuck. Gleichzeitig wird  deutlich, wie tief verwurzelt die alten Traditionen heute noch sind. Mit stimmungsvollen Fotos und persönlichen Essays der Autoren wird der indianische Alltag lebendig.

Buchtipp: Die Indianer Nordamerikas, erschienen im Herbst 2009 Der prächtige Band ist gegliedert in: Kunst & Handwerk, Medizin & Heilkräuter, Küche & Rezepte, Feste & Festivals, Musik & Tanz, überlieferte Weisheiten, u.v.m. und stellt eine einzigartige Hommage an die Kultur, die Tradition und die Weisheit der amerikanischen Ureinwohner dar, über 500 Fotos und Abbildungen von Kunst und Alltag der Indianer. Im Großformat mit hochwertiger Ausstattung, Bildband, Hardcover, 304 Seiten, über 500 Fotos und Abbildungen, Format: 27 x 34,5 cm, Verlag: Nationa Geographic, ISBN 978-3-86690-120-9, Preis: 49,95 EUR

Anmerkung:

Siehe auch den Artikel „Unwiderstehliches zwischen Fastfood und Milkshake – Serie: Kulinarisch-kulturelle Streifzüge durch den Westen der USA (Teil 2/2)“ von Monika Hamberger.

Vorheriger ArtikelSchauen und Schlemmen bei den Weibern und Wirten der Kunst – Staffelseewirte bieten Speisen zur Abholung
Nächster ArtikelUnwiderstehliches zwischen Fastfood und Milkshake – Serie: Kulinarisch-kulturelle Streifzüge durch den Westen der USA (Teil 2/2)