Berlin, Deutschland (Gastrosofie). Carte Blanche. Ein mehrdeutiger Begriff. Der Titel eines James-Bond-Romans lautet so, es kann aber auch „Blankoscheck“ bedeuten. In Berlin, im komfortablen Boutique-Hotel „SO/ Berlin Das Stue“, hört ein neu eröffnetes Lokal auf diesen Namen. Erlesene Klassiker der französischen Küche gibt es im „Carte Blanche“, in einem modernen und zugleich sehr dezenten Ambiente. An den grauen Wänden hängen große Schwarz-Weiß-Bilder von Ikonen des französischen Films.

Ein scharfer Kontrast zu der Opulenz der späten 30er Jahre, die ansonsten in dem denkmalgeschützten Gebäude herrscht. Residierte hier einst doch die ehemaligen „Königlich Dänische Gesandtschaft“. Mitten im Botschaftsviertel,  nahe dem Landwehr-Kanal. In direkter Nachbarschaft zum Berliner Zoo.

Mag das Interieur des Lokals auch nicht unbedingt einer typischen Brasserie entsprechen, die Speisekarte tut dies umso mehr. Bekannte, traditionelle Klassiker der französischen Küche sind hier verzeichnet, etwa die gute, alte Zwiebelsuppe, Beef Tartar oder Creme Brûlée. Freunde der Meeresbewohner werden unter anderem mit dem Doraden-Filet in einer Muschel-Safran-Soße fündig. Alles zubereitet mit frischen, hochwertigen Zutaten. Von Küchenchef Andreas Schatzschneider, der über reichlich internationale Erfahrung verfügt. Ob ein genussvolles Mittagessen mit Geschäftspartnern, ob ein entspanntes Abendessen mit Freunden, jedes Gericht soll die wahre französische Kochkunst widerspiegeln.

Das Wort „Signature“ steht neben dem Entrecôte. Diese Königsdisziplin in fast jeder gehobenen Brasserie ist also auch hier das Aushängeschild. Gesehen und umgehend bestellt, aber vorher kommen noch zwei Vorspeisen. Zunächst ein veganer Gartensalat, von überdurchschnittlicher Qualität. Enthält er doch neben Salatherzen und Tomate auch Avocados, Bohnen, Oliven sowie violette Kartoffeln. Ein Gedicht für Augen und Gaumen gleichermaßen.

Sehr aromatisch: die Hummersuppe. © Foto/ BU: Fritz Hermann Köser, Ort und Datum der Aufnahme: Berlin, 10.4.2025

Sehr interessant die Hummercremesuppe. Von der Konsistenz her auffallend dünnflüssig, fast wie eine Brühe. Völlig anders als die üblichen Cremesuppen, das verleiht ihr auch eine gewisse Leichtigkeit. „Krispy Fenchel“ und „Pastis-Chantilly“ begleiten den Krustentier-Sud, sorgen für ein spannendes Zusammenspiel der unterschiedlichsten Aromen.

Es folgt das gegrillte Entrecôte. 280 Gramm hat die Speisekarte versprochen, wird wohl so stimmen, das Fleisch auf dem Teller wirkt recht stattlich. Bestellt war es „rare“, doch leider geht die Garstufe eher etwas in Richtung rosa statt rot. Geschenkt. Ist es doch immer noch saftig und herrlich zart. Zusammen mit der wirklich ausgezeichneten Sauce Béarnaise ein Hochgenuss. Darum wurde auch auf eine Reklamation verzichtet.

Die Dorade wurde auf den Punkt gegart. © Foto/ BU: Fritz Hermann Köser, Ort und Datum der Aufnahme: Berlin, 10.4.2025
Der Salat enthält violette Kartoffeln. © Foto/ BU: Fritz Hermann Köser, Ort und Datum der Aufnahme: Berlin, 10.4.2025

Die auffallend gute Qualität ist nicht unbedingt selbstverständlich, hat man es doch beim Entrecote nicht selten mit recht zähen Kollegen zu tun. Der Verzehr bedeutet dann weniger Genuss als bloßer Kampf oder auch Krampf. Tadellos auch die Bohnen und Möhren als Beilagen, immer noch schön knackig, da schonend gedünstet. Die obligatorischen, streichholzdünnen Pommes Allumettes waren so knusprig, dass mancher Chips-Hersteller vor Neid erblasst wäre.

All das begleitet ein hochwertiger Rotwein. Empfohlen wurde ein Beaujolais, von 2019 vom Weingut Jean Foillard. Fruchtig und im Abgang auch erdig-mineralisch. Kein Wunder, wachsen die Trauben doch auf den berühmten Granit- und Schieferhügeln der Côte de Py.

Zu dem hohen Niveau von Speisen und Getränken kommt der auffallend aufmerksame Service, die Mitarbeiter scheinen sehr gut geschult zu sein. Restaurantmanager Adnan Cetin, der zuvor viele Jahre im Regent Berlin tätig war, schaut zudem persönlich immer wieder nach dem Rechten.

Creme Brûlée mit einer perfekten Kruste. © Foto/ BU: Fritz Hermann Köser, Ort und Datum der Aufnahme: Berlin, 10.4.2025
Tarte Tartin mit Karamell und Nuss. © Foto/ BU: Fritz Hermann Köser, Ort und Datum der Aufnahme: Berlin, 10.4.2025

Das hohe Niveau wir auch bei den Desserts eingehalten. Sehr zu empfehlen die warme Apfel Tarte. Mit Nuss-Karamell und eine Kugel Vanille-Eis. Auffallend ungesüßt der Teig. Ein erlesener Digestiv krönt das Ganze. Williams-Birne, von Etter, ein herrlich milder Obstbrand.

Ein rundum gelungener Abend im „Carte Blanche“. Für Adnan Cetin jedenfalls stehen diese beiden Wörter für Freiheit, nämlich die Freiheit, hervorragende und unkomplizierte Speisen in entspannter Atmosphäre zu genießen. Das trifft es wohl auf den Punkt.

Carte Blanche

Adresse: Drakestrasse 1, 10787 Berlin

Kontakt: Telefon: +49 30 3117220, E-Brief: restaurant.berlin@so-hotels.com

Heimatseite: https://www.so-berlin-das-stue.com/restaurants-bars/carteblanche/

Anzeige:

Reisen aller Art, aber nicht von der Stange, sondern maßgeschneidert und mit Persönlichkeiten – auch gastrosophische Reisen durch Berlin und Brandenburg –, bietet Retroreisen an. Bei Retroreisen wird kein Etikettenschwindel betrieben, sondern die Begriffe Sustainability, Fair Travel und Slow Food werden großgeschrieben.

Vorheriger ArtikelWie wäre es mit einem kleinen Zutatentwist für vegane Klassiker aus Italien? – Annotation zur Rezeptsammlung „Kochen alla Nonna“ von Giuseppe Federici
Nächster ArtikelWo Mutter Natur selbst den Tisch deckt oder Beachtliches Bärlauch