Melbourne, Australien (Gastrosofie). Wer – warum auch nicht – durch Melbourne wandert, genauer gesagt: durch South Melbourne, der flaniert durch eines der ältesten Viertel der bald fünf Millionen Menschen fassenden Metropole im Bundesstaat Victoria im Südosten Australiens. Bekannt ist der Vorort Melbournes auch als Emerald Hill, berühmt hingegen ist er aufgrund des bis heute erhaltenen Straßenbildes im viktorianischen Stil. Der Stil entwickelte sich in der relativ langen Amtszeit von 63 Jahren der Königin Victoria (geboren 1819, gestorben 1901, aus der Königsdynastie des Hauses Hannover, die als Deutsche, sie war eine Tochter von Wilhelm IV., einen anderen Deutschen heiratete, nämlich ihren Cousin Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha.
Den Untertanen in der Sträflingskolonie dürfte das ziemlich egal gewesen sein, ihre Herren im Vereinigten Königreich von Großbritannien und Irland waren weit weg. Doch die Sträflingsschiffe der Briten fuhren vor allem und zuerst nach Sydney, der größten Stadt des australischen Bundes, nicht nach Melbourne.
Melbourne ist eine typische Einwanderer- und Siedlerstadt, die zur Zeit als Lord Melbourne, der als Mentor von Victoria gilt, Premierminister war entstand. Nach ihm wurde die Stadt benannt und das Land drumrum nach ihr, nach Königin Victoria.
Und mitten drin beziehungsweise in South Melbourne befindet sich der South Melbourne Market, dessen Geschichte auf das Jahr 1876, in dem Königin Victoria Kaiserin von Indien wurde, zurückgeht. Der South Melbourne Market als ältester Markt der Metropole, die sich längst von Nord nach Süd über 70 Kilometer und von West nach Ost über 540 Kilometer erstreckt, hat sich in den letzten 150 Jahren stark verändert, aber sein Platz im Herzen und Haupt der Stadt erhalten. Er überstand 1981 ein Feuer und zwei Bombenexplosionen. Es wurde an- und aufgebaut. 1991 kam beispielsweise die Food Hall hinzu. Dieser Tage ist der South Melbourne Market dabei, seinen ökologischen Fußabdruck zu reduzieren und nachhaltig zu wirtschaften. Plastiktüten sind schon lange aus dem Market verschwunden. Und das ist gut so.
War der South Melbourne Market einst berühmt für seine heißen Marmeladen-Donuts, so sind es heute scheinbar Croissants.
Das Neue und Gute verdanken die Melburnians der in Paris geborenen Agathe Kerr. Die Französin zog 2013 mit ihrem australischen Ehemann nach Melbourne. Ein Kuchenbasar eines Schulfestes ihrer Tochter soll Agathe Kerr, die Mutter von drei Kindern ist, inspiriert haben, „ihrem Traum nach einer eigenen Patisserie zu folgen und ihre Karriere als Unternehmensberaterin hinter sich zu lassen“, wie es in einer Pressemitteilung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung namens Noble Kommunikation vom 9.8.2018 heißt.
Und weiter im Text: „Mit Zutaten wie Tintenfisch, Matcha und Laksa revolutioniert Croissant-Königin Agathe Kerr gerade den Konditorei-Markt im australischen Melbourne. Die Ex-Französin hat Kultstatus unter Foodies. In ihrer Agathé Pâtisserie am South Melbourne Market pimpt sie Pariser Handwerkskunst experimentierfreudig mit angesagten Ingredienzien.
Nach der türkisfarbenen Smurf Latte (Schlumpf-Milch) auf Basis der Spirulina Alge kommt mit den bunten Croissants ein weiterer Food-Trend aus Australiens Kreativ-Metropole Melbourne. Das hellgrüne Laksa-Hörnchen scheint dabei für hiesige Zungen die wohl ungewöhnlichste Variante des modifizierten Kultgebäcks aus Frankreich: Die Farbe verleiht eine würzige Paste aus Zitronengras, Ingwer und Chili, die ursprünglich aus Südostasien stammt. Noch kräftiger grün kommt das Gebäckstück mit japanischem Matcha-Tee-Pulver daher. Große Nachfrage und intensive Farben erreicht Agathe auch mit Tintenfisch (schwarz) und Kurkuma (gelb). Dennoch, bestätigt Frau Kerr, die ihr Handwerk an der renommierten Ecole de Boulangerie et Patisserie de Paris gelernt hat: „Unser beliebtestes Produkt ist immer noch das einfache Croissant“. Wen wundert’s!?“
Wer wissen will, wie einfache und besondere Croissants von Agathe schmecken, der reise zum „Petite Shop at the Royal Arcade“ im South Melbourne Market.