Daressalam, Tansania (Gastrosofie). Der Arusha-Nationalpark Tansanias präsentiert eine Mischung aus Regenurwald und Savannenlandschaft.
Die Kaffeeernte ist vorbei. Fast. Denn noch hängen einige Nachzügler grünroter Kaffeebohnen am Strauch, in denen sich das Licht der Morgensonne sanft bricht. Schon ist Rosa zur Stelle, die ihre vierzig Kaffeesträucher hütet wie ihren Augapfel. Bedeuten sie doch für sie einen nicht geringen Anteil ihrer beruflichen Existenz, die sie dem Boden um ihr bescheidenes Wohnhaus täglich abringen muss. Bei fünf heranwachsenden Kindern sicherlich keine leichte Aufgabe, sodass sie diese bereits von Kindheit an zur Mitarbeit im Haus und auf dem Feld ermunterte.
Heute ist für Rosa ein besonderer Tag. Sie erwartet Besuch aus Europa, dem sie die Zusammenhänge um die hier in Ostafrika heimische Arabica-Kaffeebohne näherbringen soll. Gemeinsam geht es nun hinaus in die kleine Kaffeeplantage gleich neben ihrem Haus. Keinen Augenblick muss sie daran zweifeln, dass auch ihre heutige Demonstration wieder ein Erfolg wird. Garantiert durch die Qualität ihres Arabica-Kaffees der höchsten Güteklasse und damit ohne Übertreibung des besten Kaffees weltweit. Schnell sind die noch an den Sträuchern hängenden letzten Bohnen zusammen gesammelt. Das Ritual kann augenblicklich beginnen.
Trocknen und Stampfen
Zuerst wird mit einer handgetriebenen altertümlichen Maschine durch leichten Druck die rotgrüne Haut vom inneren Kern der Bohnen entfernt. In schlaffen kleinen Kügelchen bleibt sie zurück und hatte doch gerade noch stolz an den Sträuchern Auskunft über den Reifegrad der Bohnen erteilt. Zurück bleibt zur weiteren Verwertung, zunächst etwas enttäuschend, ein unscheinbarer hellbrauner Inhalt, weit entfernt vom gewohnten Dunkelbraun einer „normalen“ Kaffeebohne. Was also tun? Mit Routine schüttet Rosa das gewonnene Kaffeematerial in eine flache Metallschale, in der es über einem flackernden Holzfeuer zunächst getrocknet wird.
Doch noch immer lässt das satte Dunkelbraun auf sich warten. Stattdessen wird eine zweite, wie knackendes Plastik sich anfühlende Haut erkennbar. Doch die lässt sich anschließend mit einem schweren Holzstampfer in einem hohlen Baumstamm – wenn auch mit etwas Kraftaufwand – ablösen. Für Rosa am Ende sogar schweißtreibend. Sicherlich jedoch in dem befreienden Bewusstsein, nun endlich den Anteil der Bohne gewonnen zu haben, auf den es bei diesem Prozess eigentlich ankommt.
Aroma des Röstkaffees
So landen die erdnussartigen Hälften aus dem Baumstamm in einem flach geflochtenen Korb. In immer neuen Schwungbewegungen werden sie nun von Rosa nach oben geschleudert. Um Sekundenbruchteile später, in der Zugluft gereinigt von störenden Restbeständen, zielgenau wieder von ihr aufgefangen zu werden. Doch irgendwann bleibt es diesem Restbestand dann nicht erspart, noch einmal den Weg in die Metallschale über dem Holzfeuer antreten zu müssen.
Für alle zum Vorteil. Denn unter der Hitzeeinwirkung beginnen die Bohnenhälften in relativ kurzer Zeit die farbige Gestalt anzunehmen, wie man sie von echtem Röstkaffee kennt. Und vor allem: ihr eigentliches Aroma zu entwickeln und dabei einen verführerischen Teil ihrer Duftstoffe an die Umgebung abzugeben. Ein Vorgang, der intensive Vorahnungen weckt und durch das anschließende kraftvolle Mahlen der röstwarmen Kaffeebohnen noch verstärkt wird. Wissend lächeln sich alle eingeweihten Zeugen dieser komprimierten Kaffeezeremonie zu. Und wer könnte nun noch in stoischer Ruhe den bevorstehenden Kaffeegenuss abwarten?
„Frohen Herzens genießen“
Längst hat Rosa das Kaffeewasser über dem kleinen Holzfeuer zum Kochen gebracht. Langsam verschwindet nun auch das durch Stampfen gewonnene Kaffeepulver in der siedenden Flüssigkeit, wo es mit einem hölzernen Kochlöffel für eine Zeitlang in Bewegung gehalten wird. Kein Kaffeefilter weit und breit. Nur eine geräumige Thermosflasche, in die hinein der Inhalt des Topfes gegossen wird. Ganz vorsichtig, damit sich die Schwebeteile des Kaffees nicht dorthin auf den Weg machen, wo sie für Kaffeegenießer einfach nicht hin gehören.
Das Ziel der Kaffeezeremonie auf afrikanisch ist erreicht. Und ist es nicht ein Grund zum Feiern, den gesamten Vorgang von der Bohne am Strauch bis hin zum Kaffee in der Tasse an einem Stück miterlebt zu haben? Bleibt nur die erwartungsvolle Frage, ob das schwarzbraune Getränk auch hergibt, was es verspricht. So geht die Frage an Rosa, wie sie denn selbst ihren handgearbeiteten Kaffee zu sich nimmt. Lächelnd gibt sie ihr kleines Genussgeheimnis preis, indem sie wortlos eine Löffelspitze Zucker hinzufügt. Und so lässt sich in der Tat auf bewährte Weise „frohen Herzens genießen“.
Fotoreportage
Mehr Bilder zum Beitrag in der „Fotoreportage: Arabica in Tansania“ von Dr. Bernd Kregel.
Reiseinformationen “Tansania”
Anreise: Günstig mit Ethiopian Airlines, täglich ab Frankfurt am Main über Addis Abeba nach Kilimanjaro, ab Euro 535.
Einreise: Es genügt ein noch mindestens 6 Monate gültiger Reisepass. Ein Visum wird bei Ankunft in Tansania ausgestellt. Dabei anfallende Kosten: Euro 50 oder US-Dollar 50. Nicht vergessen: Impfpass mit Gelbfieber-Impfnachweis.
Reisezeit: Tansania kann grundsätzlich ganzjährig bereist werden. Die besten Reisemonate, regenlos und bei angenehmen Temperaturen sind Mai bis Juli. März und April sind wegen stärkeren Regens eher zu meiden.
Unterkunft: Hervorragend die Ngurdoto Lodge, 35 Kilometer entfern vom Flughafen von Kilimanjaro; gediegene koloniale Räumlickkeiten, getrennt voneinander gelegene geräumige Rondavels, Pool und Terrasse, idealer Ausgangspunkt für Arusha-NP, Mount Meru und Kilimanjaro; www.ngurdoto-lodge.com
Auskunft: Botschaft Tansania, Eschenallee 11, 14050 Berlin, Tel. 030-303080-0, Fax – 20, E-Mail: info@tanzania-gov.de; www.tanzania-gov.de; oder: www.tanzaniatouristboard.com
Anmerkung:
Vorstehender Beitrag von Dr. Bernd Kregel ist ein Auszug aus dem Artikel „Arabica in Afrika – Kaffeezeremonie am Mount Meru„, der am 14.5.2016 im MaDeRe – Magazin des Reisens veröffentlicht wurde.