Berlin, Deutschland (Gastrosofie). Wer will das nicht, täglich eine Portion Urlaub auf dem Teller. Naja, nicht gerade täglich, denn Häuptling Eigener Herd ist Goldes wert. War Goldes wert, möchte mancher meinen, denn die Zeitschrift deutscher Zunge gibt es nicht mehr. Die „kulinarische Kampfschrift“ mit dem tollen Titel „Häuptling Eigener Herd“, die der Stuttgarter Vincent Klink und der Ex-Berliner Wiglaf Droste herausgaben, drehte sich ums Essen und Trinken wie einer Derwisch um sich selbst. Während sich kreiselnde Surensöhne „im Allgemeinen für ihre Bescheidenheit und Disziplin bekannt“ sein sollen (freue sich, wer`s kennt), standen Klink und Droste für Kritik und Kochen.
Sie sind diejenigen, die den Mitte Juni 2015 erschienen Kochbuch Toskana fehlen. Doch kommen wir kurz zu dem, was drin ist. Da wäre eingangs ein buntes Bild der Toskana mit Ortsangaben sowie Bildern von Tieren, Obst, Gemüse und Wein. Witzig. Es folgt eine Seite Inhaltsverzeichnis und dann ein fünfseitiger Bericht in großen Buchstaben unter der Überschrift „Eine Reise durch die Toskana“, dem Land der Bohnenesser und Berühmten wie Michelangelo und Leonardo da Vinci. Plattitüden wie „was auf den Tisch kommt, stammt vom heimischen Boden“ werden ebenso wiedergegeben wie Mythen und Märchen aus 1001 Küche. „Zähere Fleischstücke werden langsam gegart und mit viel Liebe, Sorgfalt und Geduld in herrlich mürbe Schmorgerichte verwandelt.“ Der Autor dieser Kritik hat das leider schon oft genug anders gesehen und gegessen. Aber um Wahrheit und Klarheit geht es in diesem Toskana-Kochbuch auch nicht, dass vor allem Klischee, Klischee und Klischsee kackt. Nein, das Geschriebene ist wie Gekotzt und keineswegs ein journalistischer Bericht einer Reise durch die Toskana. Der Autor scheint und schreibt schmierig. Beispiele? Bitte. „Wein ist für die Einheimischen viel mehr als ein Getränk zu einem guten Essen. Und dann ist da das Olivenöl, dessen Farbe und Duft Erinnerungen an die unverdorbene Landschaft und die uralten Olivenhaine weckt.“Sätze wie diese sind einerseits falsch, andererseits austauschbar und passen auch auf Kochbücher wie Lesbos oder Lummerland. Immerhin werden „Feste und Märkte“ erwähnt und 60 mit Ortsangaben den zwölf Monaten zugeordnet. Das ist nicht schwer und scheint auf den ersten Blick auch zu stimmen. Der Hauptteil des Buches besteht aus zehn Kapiteln von Massa-Carrara bis Arezzo. Während Massa-Carrara eine Provinz ist, ist Arezzo eine Stadt. Pistoia ist beides, der Name einer Stadt und einer Provinz wie auch Pisa. Mal so, mal so. Wieso? Das gilt auch für die Gerichte, die den Städten beziehungsweise Provinzen zugeordnet werden. Falsche Kutteln (Frittatine in Trippa) scheinen nur unter dem schiefen Turm (zu dem einem Autor einfällt, „architektonische Fehlberechnung“ zu schreiben, während der wahre Grund der Untergrund aus lehmigem Morast und Sand ist, der dem gewichtigen Turm Schiefe schenkte) zu schmecken. Dem Buch fehlt es offensichtlich nicht nur an Klink und Dorste, es fehlt auch ein Lektor.
Die Bebilderung hingegen ist gut, seitenweise vorzüglich. Die über 50 Rezepte von süß-knusprigen Cantuccini, famosem Fischtopf oder Steak (und nicht Rindersteak, denn Steak ist immer vom Rind und nur wenn das Steak nicht vom Rind ist, dann darf von einem Puten- oder Schweinesteak gesprochen werden) nach Florentiner Art sind es auch. In einfachen, klaren Worten wird mitgeteilt Köchen und solchen, die es werden wollen, mitgeteilt, welche Zutaten benötigt werden und was damit wie gemacht werden muss. Darauf kommt es in einem Kochbuch auch an.Mit einem Stichwortverzeichnis über vier Seiten von A bis Z endet das Buch. Und ich träume von der Toskana und einer Neuauflage vom Häuptling Eigener Herd.
Bibliographische Angaben
Toskana, Das Kochbuch, verschiedene Autoren, 272 Seiten, mit 150 bunten Bilder, Format: 27.8 x 18.5 x 3 cm, Hardcover mit zwei Lesebändchen, Verlag: Phaidon By Edel, Web: www.edel.com, 15.06.2015, EAN-Code: 9783944297156, ISBN: 978-3-944297-15-6, Preis: 29,95 EUR (Deutschland), 30,80 EUR (Österreich)