Fragen an Matthias Walter, Barchef für das „faces Restaurant & Bar“ in Bielefeld

Barchef Matthias Walter in der faces Restaurant & Bar Bielefeld. © LÉGÈRE HOTEL Bielefeld

Bielefeld, Berlin, Deutschland (Gastrosofie). Wir stellten Matthias Walter, Barchef für das „faces Restaurant & Bar“ in Bielefeld, per E-Brief ein paar Fragen. Heute erreichten uns die Antworten, die wir hier im Magazin GASTROSOFIE gerne veröffentlichen.

Warum haben Sie diesen Beruf gewählt?

Matthias Walter: Bei meinen ersten Berufserfahrungen bei einem Cateringservice habe ich schnell gemerkt, wie schön dieser Job ist und wie viel Freude es mir bereitet, meinen Gästen einen genüsslichen Abend zu verschaffen. Vor allem dann, wenn ich meine Gäste an ihrem schönsten Tag im Leben wie z. B. bei ihrer Hochzeit begleiten darf.

Haben Sie eine professionelle Ausbildung erhalten oder sind Sie Autodidakt?

Matthias Walter: Meine Ausbildung zum Restaurantfachmann habe ich im Herzen Ostwestfalens – im Parkhotel Gütersloh – absolviert. Auf hohem Standard habe ich noch den klassischen Service kennenlernen dürfen. Filieren, Tranchieren oder auch die Zubereitung von Crêpe Suzette am Gast waren Inhalte meiner Ausbildung. Auch der Ausbildungsteil in der Küche hat mich sehr geprägt. Wie man zum Beispiel Sirup oder eine Essenz herstellt, konnte ich dort zum ersten Mal sehen. Diese Fähigkeiten helfen sehr beim Kreieren neuer Drinks. Recht schnell bin ich dann auch in der Bar des 4 ½ Sterne Hotels eingesetzt worden. Hier habe ich meine Liebe zu der flüssigen Welt der Gourmets kennengelernt. Im Anschluss habe ich einige Kurse der Barschule München besucht und mich so stetig weiterentwickelt.

Der Beruf des Barmannes wie auch des Barmixers sind nicht geschützt. Ist das ein Problem?

Matthias Walter: Als ein Problem fasse ich das nicht auf, schwierig ist es allerdings doch. Denn man muss die Fähigkeiten von Barmixer:innen immer erst einmal testen. Denn jede Gastronomie ist anders. Es gibt so viele verschiedene Konzepte, die jeweils andere Voraussetzungen haben. Da ist eine Vereinheitlichung schwierig und auch teilweise kontraproduktiv. Sofern man aber ein Grundverständnis von Gastfreundschaft und Service sowie die Begeisterung etwas Neues zu lernen hat, braucht es das auch nicht.

Ist die Bar-Kultur in Deutschland anders als in „klassischen Cocktail-Ländern“ wie den Vereinigten Staaten von Amerika (VSA) oder dem Vereinigten Königreich (VK)? Stichwort: Schwellenangst beim einfachen Publikum vor einer gehobenen Bar?

Matthias Walter: Es kommt immer darauf an, in welcher Region man sich befindet. In unseren deutschen Metropolen merkt man eher wenig von einer Schwellenangst. In anderen Regionen, erst recht in Ostwestfalen hört man schon mal: „Ah ich dachte die Hotelbar ist nur für Hotelgäste, wir haben uns nie getraut zu kommen.“ Mit wenigen Ausnahmen ist das aber Geschichte, und doch hört man solche Sätze immer mal wieder. Ich schätze in den Staaten oder auch Großbritannien verhält sich das ähnlich.

Barchef Matthias Walter in der faces Restaurant & Bar Bielefeld. © LÉGÈRE HOTEL Bielefeld

Welche Trends zeichnen sich in Sachen Drinks / Zutaten gerade ab?

Matthias Walter: Auffällig ist schon seit ein paar Jahren, dass es immer mehr in Richtung low ABV oder NO ABV geht. Also Drinks mit wenig bis keinen Alkohol. Lange wurde der „alkoholfreie Gast“ stark benachteiligt und es gab nur viel zu süße Saftmischungen, die als Cocktails angeboten wurden. Aber gerade in den letzten Jahren sind einige sehr gute alkoholfreie Alternativen zu Gin, Rum und Co. auf dem Markt gekommen, mit denen man sehr viel mehr Möglichkeiten und neuen Spaß am Entwickeln neuer alkoholfreier Drinks bekommt. Zudem sind auch die Themen Nachhaltigkeit und Zero Waste ein längst überfälliger Trend, der sich langsam abzeichnet. Man kann so viel Dinge aus seinen Früchten rausholen, die einem Drink noch viel mehr Tiefe verleihen, als es bisher praktiziert wurde. Es gibt inzwischen auch Produkte, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen. Wie zum Beispiel ein Vermouth aus der bisher nicht genutzten Kaffeekirsche.

Gerührt oder geschüttelt? Ist diese 007-Frage wirklich ein Thema?

Matthias Walter: Sehr wohl ist das eine Frage, mit der man sich auseinandersetzen muss. Man muss einiges beachten: Habe ich Zutaten, die sich überhaupt nur mit rühren mixen lassen? Brauche ich Luft in meinem Drink? Wie soll sich der Drink auf der Zunge anfühlen? Wie viel Verwässerung braucht der Drink? Textur, Viskosität, Aromaprofil, Alkoholgeschmack, Farbe, Schaumbildung und Temperatur lassen sich allein durch die Wahl der Mixtechnik beeinflussen.

Wieviel Rezepturen beherrschen Sie auswendig?

Matthias Walter: Eine explizite Zahl kann ich nicht nennen. Es sind aber zahlreiche.

Welcher ist Ihr persönlicher Lieblings-Drink? Welche ist Ihre persönliche Lieblings-Spirituosen? Whisky, Rum, Gin usw.

Matthias Walter: Der Drink, der mir immer eine Freude bereitet, ist ein gut gemachter Negroni. Eine Lieblingsspirituose habe ich eigentlich nicht.

Barchef Matthias Walter in der faces Restaurant & Bar Bielefeld. © LÉGÈRE HOTEL Bielefeld

Speakeasy-Bars, also versteckte Bars, sind ja gerade ein Trend. Was halten Sie davon?

Matthias Walter: Ich glaube der Trend der Speakeasy ist schon fast wieder vorbei. Zu Anfang fand ich es sehr interessant, fast ein bisschen mystisch. Allerdings mag ich eine Bar, die sich offen zeigt und niemanden ausgrenzt sehr viel mehr.

Was halten Sie von der Tiki-Bar-Kultur? Rumlastige Drinks, buntes Interieur, verbreitet v.a. in den 50er /60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts? Wird das wieder aufgegriffen, wenn nicht als Bar, zumindest als der eine oder andere Drink auf der Karte?

Matthias Walter: Tiki-Bars sind meist eine andere Welt. Man bekommt oft ein kleines Urlaubsgefühl, wenn man eine Tiki-Bar betritt. Gute Bars mit Tiki-Konzept gibt es bereits wieder. Und im Gegenteil zu den frühen Tiki-Cocktails sind die heutigen auch gut balanciert. Tiki kann so viel mehr als Rum, Saft und Zucker sein. Für alle Tiki-Bar-Liebhaber: Der ein oder andere Tiki-Drink findet sich auch bei uns auf der Karte.

Wer sind Ihre Gäste? Wie würden Sie Ihr Publikum beschreiben und was trinken diese gerne?

Matthias Walter: Ich finde es immer wieder schön zu sehen, wie gemischt unser Gästekreis ist. Wir haben von Geschäftsleuten über junge Erwachsene bis hin zum Nachbarn von nebenan ganz unterschiedliche Gäste. Es kommt auch mal die Senioren Busreisetruppe. Alle sind dabei und alle mögen gute Drinks.

Ist ein Barkeeper nicht immer auch ein wenig Psychologe/Psychiater, um etwaige seelische Nöte eines Gastes zu lindern? Können Sie ein Beispiel nennen?

Matthias Walter: Als Psychologe oder Psychiater würde ich mich auf keinen Fall betiteln, aber es wird einem schon viel anvertraut. Da gibt es auch keine Grenzen. Manchmal helfen schon aufmunternde Sprüche, manchmal braucht es einen Whiskey, manchmal auch einfach nur 10 Minuten Gehör und die Welt ist wieder ein kleines bisschen besser.

Hat die Hotelbar einen anderen Stellenwert als die reguläre Bar? In Deutschland, in den VSA, im VK?

Matthias Walter: Bei einer Hotelbar kann man zum Großteil von dem Hotelstatus auf die Qualität der Bar schließen. Je mehr Sterne ein Hotel hat, desto besser kann man auch die Bar erwarten. Bei regulären Bars kennt man aber auch oft den Betreiber der Bar und das Konzept wirkt weniger anonym.

Cocktail „Dominican Coffee“ von Barchef Matthias Walter in der faces Restaurant & Bar Bielefeld. © LÉGÈRE HOTEL Bielefeld

Haben Sie ein Rezept (Zutaten und Zubereitung) für einen Cocktail Ihrer Wahl, das Sie uns verraten können?

Einer unserer absoluten Runner: Dominican Coffee!

Anmerkung:

Wir bedanken uns bei Matthias Walter für die Beantwortung unserer Fragen, die von Fritz Hermann Köser, Christoph Merten und Stefan Pribnow formuliert wurden.

Siehe auch das Rezept: Dominican Coffee von Matthias Walter im Magazin GASTROSOFIE.

Vorheriger ArtikelDer König der Krustentiere wird auf dem Lobster Crawl Festival in Neuschottland gefeiert
Nächster ArtikelRezept: Dominican Coffee