Berlin, Deutschland (Gastrosofie). Woran erkenne ich einen guten Wein? Welcher Wein passt zu welchem Gericht? Den Weingenuss umschwebt ein Hauch von Kennerschaft, der es in manchen Kreisen verbietet, solch schlichte Fragen zu stellen.
Ausdrücklich an Neugierige und Gelegenheitstrinker wendet sich daher die Jamboree Bar, die sich am Marlene-Dietrich-Platz im Sockel des Hyatt Hotels befindet. Hier geht alle drei Monate die „Weingesellschaft“ über die Bühne, die jedes Mal ein anderes deutsches Weingut präsentiert. Die Besucher können Fragen stellen, Weine verkosten und erhalten natürlich auch eine passende kulinarische Grundlage. Dieses Gesamtpaket kostet 69 Euro. Die nächste Weingesellschaft findet am 16. August mit Vertretern des rheinland-pfälzischen Schlossgutes Diel statt.
Im Jamboree setzt man auf lockere Atmosphäre. Die Bar – mit monumentalen Sofas im Achtzigerjahre-Stil eingerichtet – zieht ohnehin eher partylustige Bier- und Cocktail-Trinker an. Bei unserem Besuch fand draußen auf der Terrasse gerade ein feuchtfröhlicher Gruppen-Umtrunk skandinavischer Touristen statt.
Jedenfalls ist es ein hehres Anliegen, den Weingenuss zu entmythologisieren und auch der Generation Cocktail ans Herz zu legen. Das geht im Jamboree immer donnerstags, auch außerhalb der Weingesellschaft, wenn bei Live-Musik die deutschen Spitzenweine für schlappe zwei Euro pro Glas ausgeschenkt werden.
Anfang Juli stellte sich in der Jamboree Bar das Weingut Schäfer-Fröhlich vor, das bereits seit mehr als 200 Jahren am Rhein-Nebenfluss Nahe existiert. Der Familienbetrieb um Tim Fröhlich bewirtschaftet rund 21 Hektar, auf denen überwiegend Riesling-Reben wachsen.
Das Nahe-Tal macht gerade mal vier Prozent der deutschen Weinanbau-Fläche aus, verfügt aber über höchst vielfältige Böden; von Schiefer über Buntsandstein bis Löss. Das erfahren wir von Mats Genheimer, der in die Weinfamilie eingeheiratet hat und nun für den Verkauf zuständig ist. „Diese geologische Vielfalt findet ihre Entsprechung in ebenso vielfältigen Weinen mit ihren oft mineralischen Anklängen“, meint der studierte Weinwirt.
Unsere Weingesellschaft, bestehend aus etwa 15 Weinfreunden, startet mit einem eleganten Weißburgunder-Sekt in Flaschengärung. Zum Salat gibt es einen vergleichsweise schlichten Weißburgunder, den die Tischnachbarin als „Terrassenwein“ etikettiert.
Von älteren Reben stammt sodann der Bockenauer Weißburgunder, der entsprechend tiefgründiger daher kommt und gut zu den mit Pfifferlingen gefüllten Ravioli passt. Später setzt ein auf Schiefer herangewachsener Riesling einen treffsicheren Kontrapunkt zur Dorade mit Zitronengras-Sauce.
Unter Weinkritikern genießen die Rieslinge aus dem Hause Schäfer-Fröhlich einen exzellenten Ruf: Der amerikanische „Wine Advocate“ zählt sie zu den besten Rieslingen Deutschlands, und der Weinguide Gault&Millau empfiehlt pauschal alle Weine aus dem Hause Schäfer-Fröhlich. Neben den günstigen geologischen Voraussetzungen beruht dieser Erfolg, so erfahren wir von Mats Genheimer, auf der Handlese nur der besten Trauben sowie eher niedrig gehaltenen Erträgen.
Zwischen den Gängen kommt Mats Genheimer an jeden Tisch, um zu plaudern und Fragen zu beantworten. Später erfahren die Wein-Neulinge, was der Begriff „Große Lage“ bedeutet: Es handelt sich um die Speerspitze des deutschen Weinbaus: die besten und charakterstärksten Weine, die nur durch traditionelle Verfahren erzeugt werden und im Geschmack deutlich ihr Terroir zeigen.
Eine solche Große Lange verkosten wir dann sogleich in Form des Felsenberg Riesling. Der feine Tropfen will mit Bedacht getrunken werden; dann merkt man, wie sich nach und nach immer neue mineralisch-pflanzliche Geschmacksdimensionen öffnen. Die Maispoularde mit Polenta bleibt da Nebensache. Zum Abschluss gibt es noch einmal Große Lage: eine fruchtig-edelsüße Riesling-Auslese nebst üppiger Dessertvariation.
Die nächste Weingesellschaft am 16. August 2019 tagt unter dem Motto „Vier Weine. Vier Gänge. Und jede Menge Spaß!“. Man bleibt in Rheinland-Pfalz und widmet sich nun dem Familien-Weingut Diel. Dessen Geschichte reicht bis ins 19. Jahrhundert zurück, als Ahnherr Peter Diel die Burg Layen mit ihren Ländereien erwarb. Bestseller aus diesem Hause ist die weiße Cuvée „Diel de Diel“ die seit mehr als zwei Jahrzehnten in der Business-Class der Lufthansa ausgeschenkt wird.
Im Herbst trifft sich die Weingesellschaft in der Jamboree Bar dann am 25. Oktober 2015 bei Weinen des Gutes Rebholz, dessen Trauben auf einer Halbinsel am Bodensee reifen.
Anmerkung:
In einer vorherigen Fassung hieß es: „Die nächste Weingesellschaft findet am 16. August mit Vertretern des Baden-Württembergischen Familienbetriebs Diel statt.“ Die Schlossgut Diel KG hat ihren Sitz in Rümmelsheim. Das liegt in Rheinland-Pfalz. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen. Die Redaktion. Berlin, 28.8.2019.