Berlin, Deutschland (Gastrosofie). Auf jedem Tisch steht ein Pott mit saisonalen Kräutern. Die „erntest du täglich frisch“, so steht es auf dem Tischset aus Papier geschrieben. Der Gast muss nur zugreifen, um sein Gericht zu verfeinern. Die Kölner Restaurantkette Vapiano setzt auf frische Kräuter und vor allem auf frischen Wind, wie das kürzliche Live-Event im Vapiano-Restaurant in der Friedrichstraße in Berlin beweisen wollte. Ist wohl auch bitter nötig. Die Stimmung der Gäste, der Aktienkurs, beides im Keller. Die Kette war stark expandiert, hatte dabei aber die Belange der Gäste aus den Augen verloren. Bald kam sie ins Gerede. Manipulierte Haltbarkeitsdaten bei Lebensmitteln. Mäuse in der Küche. Billige Garnelen statt teurer Scampi. Zu lange Wartezeiten. All das sorgte bei der Kundschaft für einen erheblichen Vertrauensverlust. Und die Mitarbeiter klagten über zu lange Arbeitszeiten und zu hohen Druck.
Eine neue Speisekarte, ein neues Bestellsystem soll es nun richten. Geplant sind Bestellungen an einem digitalen Order Point oder, persönlicher, an einem zentralen und von einem Mitarbeiter besetzten Order Point. So sollen Gäste durch einen zügigeren Bestell- und Zubereitungsprozess ihre Gerichte um bis zu 50 Prozent schneller erhalten.
Man setzt auch auf aktuelle Food-Trends. So hat man für das Event eigens eine Vegan-Päpstin und, für Fleisch-Fetischisten, Deutschlands einzigen Metzger mit Stern eingeladen. TV-Köchin und Kochbuchautorin Stina Spiegelberg und Wolfgang Müller stehen in der Küche, sie schnibbeln, brutzeln und erklären um die Wette. Während Wolfgang Müller das Reef’n Beef mit Rinderfilet und Hummersoße wählt, entscheidet sich Stina Spiegelberg für eine vegane Crema di Funghi mit Pappardelle, Pilzen, Petersilie, Zwiebeln und Weißwein.
Vorab servieren die Mitarbeiter Bowls mit Lachs, Salat, Radieschen, Karotten, Gurken und Lauchzwiebeln. Auch Mango ist dabei. Und ein Limetten-Chili-Dressing. Nach dieser wirklich gelungenen Vitaminbombe gibt es Pizza, Burrata oder Vegetaria, unter anderem mit gegrillten Artischocken. Soll doch keiner sagen, dass nicht auch Deutsche Pizza und Co. können, findet zumindest Wolfgang Müller. Schmeckt doch besser als bei so manchem Null-acht-fünfzehn Italiener, meint er. Er selber gehe privat auch öfters mal zu Vapiano, versichert er noch. Mehr Werbung geht kaum noch. Nun serviert seine Kollegin ihre Crema di Funghi. Total vegan, schon dank einer entsprechenden Kochcreme. Geschmacklich ist vielleicht noch etwas Luft nach oben. Das Pilzaroma ist kaum wahrnehmbar, etwas Gewürz hätte auch nicht schaden können. Halb so wild, die Kräuter auf dem Tisch werden es schon richten.