Berlin, Deutschland (Gastrosofie). Hier hat man nicht den Bock zum Gärtner, sondern den Wolf zum Jäger gemacht. Der Isegrim auf dem Bild trägt jedenfalls einen grünen Hut. Die Geweihe an der Wand wenige Meter weiter sind dafür aus Holz. Witzig. Zugleich wird so das zünftig-rustikale Dekor dieses Lokals in Berlin-Friedrichshain auf ironische Weise durchbrochen. „Jägerklause“ nannte es sich zu DDR-Zeiten. Eine Institution. Bedienstete aus den Ministerien sollen hier gerne gespeist haben, es war mehr als schwer, einen Platz zu ergattern. Den Inder und den Blumenladen, die darauf folgten, hat das Interieur, für das die Bezeichnung „urig“ ganz gut passt, jedenfalls offensichtlich bestens überstanden – es scheint vollständig erhalten zu sein. Nostalgie pur. Die getäfelte Holzdecke und bunte Glasscheiben mit Arbeiter-und-Bauern-Motiven dürften nicht nur das Herz eines Försters vom Thüringer Wald höher schlagen lassen. Tatsächlich wähnt man sich eher im Harz als in der Hauptstadt. Tradition und Humor vereinen sich im Namen der geräumigen Lokals mit Biergarten, das nicht von ungefähr „Jäger und Lustig“ heißt. Die Gäste, von der Hausfrau bis zum Nachtschwärmer aus dem nahe gelegenen Berghain, sollen hier einfach einen spaßigen Abend verleben, so Betriebsleiter Oliver Rettenberger.
Und das mit köstlichen, frisch zubereiteten Speisen – auf Convenience Produkte wird weitgehend verzichtet. Deutsche und auch österreichische Küche, „hausgemacht, regional, lecker“, so das Motto, das ebenfalls überdeutlich in der Gaststube zu sehen ist. Und zu schmecken. So wie bei dem „Wiener Knusperschnitzel“ vom Brandenburger Milchkalb, in Butterschmalz gebraten. Paniertes Schnitzel. Diesen Klassiker gibt es in Berlin inzwischen wie Sand am Meer, aber dieses Exemplar ist von überragender Qualität. Das Fleisch stammt von einem Metzger aus Brandenburg, die Bratkartoffeln von einem Bauern aus der Region. „Anna“ nennt sich die Sorte, die mit frischen Kräutern und Zwiebeln zubereitet wurde. Beides ausgezeichnet. Ebenso gelungen der bunte Tomatensalat vorab. Gleich aus mehreren Sorten, unter anderem der mildwürzigen Paprikatomate, mit „Sauergurkenwasser“ und Zwiebel-Pfeffer-Vinaigrette angerichtet.
Vor allem Deftiges und Traditionelles steht auf der Speisekarte. Die „Schwarzbier Rinderroulade“, Königsberger Klopse, Berliner Eisbein, Schweinskrustenbraten, Bachforelle „Müllerin Art“. Aber auch Wildgerichte wie Hirschbratwurst oder Wildschweinsteak. Wer sich gar nicht entscheiden kann, kann es ja mit der „Prachtplatte“ für zwei Personen versuchen. Für den kleinen Hunger gibt es das „Jägerbrot“, ob mit Schmalz oder Rührei, nach „Altberliner Art“ aus Sauerteig und mit knuspriger Kruste.
Für ein Dessert ist noch ein wenig Platz, aber bei dem, was nun kommt, wird es doch etwas eng. Aber es lohnt. Eine große Portion Apfelstrudel, mit Vanilleeis und Obst. Bei der Füllung, ebenfalls selbst gemacht, wurde eher am Zucker als bei den Äpfeln gespart. Rosinen und ein wenig Orange verleihen dem Ganzen ein ganz besonderes Aroma. Bemerkenswert auch die Getränke. Etwa Kräusen vom Fass, von Haake Beck, in Berlin gibt es das nicht an jeder Ecke. Herrlich frisch kommt diese norddeutsche Spezialität daher, mit einem eher milden Hopfenbukett. Eine besondere Bierhefe aus eigener Reinzucht verdankt das Bier seine natürliche Trübe. Auch bei den Spirituosen wurde nichts dem Zufall überlassen. So stammen die Liköre, ob Nuss oder Birne, von der preußischen Spirituosenmanufaktur aus Berlin. Nach einem solchen Absacker lässt sich der Heimweg guten Gewissens antreten. Schade, dass zum Abschied niemand den Hut zieht. Den gibt es dafür eigens als Exponat. Grün, mit Gamsbart, in einer gläsernen Vitrine.
Jäger und Lustig
Adresse: Grünberger Straße 1, 10243 Berlin-Friedrichshain
Kontakt: Telefon: 0049 (0)30 29 00 99 12 , E-Mail: info@jaegerundlustig.de
Heimatseite im Weltnetz: jaegerundlustig.de
Kleiderordnung: keine
Öffnungszeiten: von Montag bis Sonntag von 15 Uhr bis 1 Uhr nachts