„Das Einfache und Gute vor Ort“ oder die Route der fast vergessenen Rezepte – Zum Buch „Unser kulinarisches Erbe – Lieblingsrezepte der Generation unserer Großeltern“ von Jörg Reuter und Manuela Rehn

"Unser kulinarisches Erbe" von Jörg Reuter und Manuela Rehn. © Becker Joest Volk Verlag

Berlin, Deutschland (Gastrosofie). Auf Youtube und der Heimatseite des Projektes „Unser kulinarisches Erbe“ fand ich kürzlich diesen Text: „Nach dem überraschenden Bucherfolg ‚Wir haben einfach gekocht: 100 Erinnerungen an Lieblingsrezepte‘ haben sich die Autoren Jörg Reuter und Manuela Rehn ein zweites Mal auf eine Reise quer durch Deutschland begeben, um mit älteren Menschen über die Küche ihrer Kindheitstage zu sprechen und mit ihnen gemeinsam zu kochen.“ Das alleine ist schon goldig und alles Geld der Welt wert.

Dass Reuter und Rehn auch noch „von je einem Spitzenkoch aus der jeweiligen Region, der die Ursprünge der Zubereitungen und Essgewohnheiten erklären kann und somit die Brücke zur modernen regionalen Küche schlägt“, begleitet wurde, das macht das Experiment, bei dem man eingangs nie wissen kann, was am Ende dabei herauskommt, so spannend und vermutlich spaßig, denn – so möchte man meinen: dabei knallen kulinarischen Welten aufeinander. Alte Frauen mit Schürze am heimischen Herd, die dafür unbezahlt hungrige Münder mit allem zu stopfen hatten, was Haus und Hof sowie Stadt und Land zur jeweiligen Jahreszeit hergaben, und besser verdienende Besseresser-Bekocher. Wer kann sich das nicht schön krass statt kross vorstellen?

Am Ende haben es 80 Rezepte (siehe Rezept- und Zutatenregister) der Generation unserer Großeltern in das Buch „Unser kulinarisches Erbe“ aus dem Verlag Becker Joest Volk in Herne, der nicht nur mit Gartenbüchern bekannt wurde, sondern für famose Kochbücher steht und sich im Bereich Kochbuch einen ehrenwerten Namen gemacht hat, geschafft.

Weiter in dem lesenswerten Text: „Besonders emotional verwurzelte Rezepte wurden für dieses Buch mit den Senioren gemeinsam ausgesucht, niedergeschrieben und nachgekocht. Noch vor wenigen Jahrzehnten war regionale und saisonale Küche eine Selbstverständlichkeit. Mit der Verbreitung der Kühlschränke und dem Lebensmitteltransport rund um den Globus blieb der Blick für das Einfache und Gute vor Ort aber meist auf der Strecke, auch wenn viele Menschen sich voller Sehnsucht an die geliebte Sonntagsküche ihrer Großmütter erinnern. So ist ein einzigartiges Werk entstanden, das die Chance nutzt, dieses wunderbare Wissen zu bewahren und weiterzugeben. Das Buch ‚Unser kulinarisches Erbe‘ porträtiert diese Reise voll schöner, berührender Gespräche und Erlebnisse, die zwischen den älteren Menschen, den Köchen und den Autoren entstanden sind. Und nicht zuletzt ist es auch ein Weckruf, wie wir respektvoller mit den kulinarischen Wünschen einer Generation von Menschen in Seniorenheimen umgehen können. Dort wird heute viel zu oft Essen nur noch als Kostenfaktor betrachtet. Dabei ist es emotionaler Genuss, Erinnerung und Kommunikation. Wie die Küche zu Hause sollten auch Küchen in sozialen Einrichtungen zum Dreh- und Angelpunkt von Gemeinsamkeit, Lebensfreude und Genuss werden.“

Punkt.

Also nichts wie hin in einen guten Buchladen, das Buck kaufen und die Rezepte kochen. Wie wäre es mit Gefüllten Tauben und Sauren Kalbskutteln, Pfefferpotthast und Dippehas, Klaben und Knipp, Labskaus und Kesselknall?!

Bibliographische Angaben

Jörg Reuter, Manuela Rehn, Unser kulinarisches Erbe, Lieblingsrezepte der Generation unserer Großeltern, 320 Seiten, 272 Fotos, Fotografien: Jörg Lehmann, Caro Hoene und Lotte Ostermann, Verlag: Becker Joest Volk, Hilden, 2. Auflage, 31.10.2019, ISBN: 978-3-95453-185-1, Preis: 29,95 EUR (D), 30,80 EUR(A)

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